Faking im Persönlichkeitstest = Manipulation im Alltag?
Persönlichkeitstests sind seit Jahren fester Bestandteil in der Personalauswahl der meisten Unternehmen. Die Zunahme digitaler Assessments verstärkt insbesondere die in der Praxis verbreitete Kritik, dass Persönlichkeitstests nicht valide seien, weil Kandidat:innen bewusst falsche Antworten geben und ihre Persönlichkeit „faken“. Dahinter steht die Sorge, dass sich manipulierendes Antwortverhalten von Personen so auch im Arbeitsalltag widerspiegelt.
Unter sozioanalytischer Sichtweise ergibt sich eine neue Perspektive. Kandidat:innen in einem Bewerbungsverfahren versuchen sich so zu verhalten, wie sie es im Sozialsystem des Unternehmens als systemkonform einschätzen. Die Beantwortung eines Persönlichkeitsfragebogens stellt demnach ebenso eine Bewerbungssituation dar, wie es auch bei einem Job-Interview oder einer Arbeitsprobe der Fall ist. In der Systemtheorie wird davon ausgegangen, dass Verhalten systemabhängig ist und sich somit je nach Umfeld unterscheiden kann. Wenn jemand das eigene Antwortverhalten dem Unternehmen, das die Stelle ausschreibt, entsprechend anpasst und konsistent in der Interaktion auftritt, könnte diese Person demnach genau die richtige für die ausgeschriebene Stelle sein.
Die Vorhersagegenauigkeit von systemkonformem Verhalten, ohne das Umfeld genauer zu kennen, ist darüber hinaus eine wertvolle Sozialfertigkeit, die im Vertrieb, Einkauf und allen weiteren Funktionen mit vielen Schnittstellen zu Stakeholdern wesentlich zum Berufserfolg beiträgt. Faking bei Persönlichkeitstests ist aus dieser Perspektive also nur ein Scheinproblem. Zu diesem Schluss kommt auch eine breit angelegte Studie (Hogan, Barrett & Hogan, 2007).
Persönlichkeitstests sind hilfreich – für die valide Einschätzung braucht es aber mehr
Etablierte Persönlichkeitstests sind valide einsetzbar und gleichzeitig nicht der alleinige Schlüssel zum Erfolg. Die Güte von Eignungsdiagnostik beginnt bei der Definition der richtigen Anforderungen an die gesuchte Person. Darüber hinaus sollten Persönlichkeitstests stets von weiteren Methoden, wie zum Bespiel Intelligenztests, strukturierten Interviews oder Arbeitsproben begleitet sein. Zum einen, um bereits gesammelte Einschätzungen zu überprüfen, und zum anderen, um neue Eindrücke über die Bewerber:innen zu sammeln.
Die Personalberater:innen von S&P Consulting unterstützen Sie dabei, Anforderungsprofile zu erstellen, die konkret auf die Entwicklungsziele Ihres Unternehmens einzahlen, und die Verfahren zur Personalauswahl zu professionalisieren. Neben Persönlichkeitstests setzen wir unter Berücksichtigung der entsprechenden Anforderungen unterschiedliche Verfahren zur Analyse des Potenzials und der zu erwartenden Performance von Kandidat:innen ein, um ein möglichst genaues Bild der Bewerber:innen zu erhalten. Die Einordnung und Reflexion der Ergebnisse der eignungsdiagnostischen Verfahren ist ein wesentlicher Teil unserer Beratungsleistung.
Beratung zur erfolgreichen Personalgewinnung und -entwicklung
Reflektieren Sie ihre Beobachtungs- und Bewertungsraster
Die Vergegenwärtigung der typischen Beobachtungsfehler hilft dabei, zu einer validen Beurteilung zu kommen. Drei weitreichend untersuchte und verbreitete Beobachtungsfehler:
- Primäreffekt (Primacy Effect)
Der erste Eindruck beeinflusst die fortlaufende Einschätzung von Bewerber:innen (Anderson, 1965). Insbesondere wenn die Ergebnisse von Persönlichkeitstests vor dem ersten Treffen vorliegen, sollte darauf geachtet werden, dass das beobachtete Verhalten möglichst unvoreingenommen reflektiert wird, um abschließend die empfundene Abweichung präzise zu beurteilen. - Halo-Effect
Der Gesamteindruck wird durch ein herausstechendes Merkmal beeinflusst (Nisbett & Wilson, 1977). Ein sehr gutes Ergebnis im Intelligenztest kann dazu führen, dass andere unabhängige Eigenschaften positiver bewertet werden, ohne dass ein logischer Zusammenhang existiert. Diesen Effekt gibt es natürlich genauso in negativer Richtung. - Similar-to-me-Verzerrung
Die Ähnlichkeit zwischen Bewerber:in und Beobachter:in beeinflusst die Bewertung positiv (Rand & Wexley, 1975). Übereinstimmungen bei Studienorten, Hobbies und auch Persönlichkeitseigenschaften können dazu führen, dass die Passung der sich bewerbenden Person zur Stelle künstlich erhöht wird.
„Faking“ von Bewerber:innen bei Persönlichkeitstests ist aus systemtheoretischer Sicht kein Argument, um auf diese bewährte Messmethode zu verzichten. Um die passende Besetzung für eine offene Stelle zu finden, empfehlen sich passende Anforderungsprofile, mehrere Methoden im Bewerbungsverfahren und die ständige Reflexion der eigenen der eigenen Beobachtungsfehler, Beobachtungs- und Bewertungsraster.
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Literatur:
Anderson, N. H. (1965). Primacy effects in personality impression formation using a generalized order effect paradigm. Journal of personality and social psychology, 2(1), 1.
Hogan, J., Barrett, P., & Hogan, R. (2007). Personality measurement, faking, and employment selection. Journal of Applied Psychology, 92(5), 1270.
Nisbett, R. E., & Wilson, T. D. (1977). The halo effect: evidence for unconscious alteration of judgments. Journal of personality and social psychology, 35(4), 250.
Rand, T. M., & Wexley, K. N. (1975). Demonstration of the effect, “similar to me,” in simulated employment interviews. Psychological Reports, 36(2), 535-544.