Interview mit Robert A. Sedlák
CEO S&P Consulting | GUEST PROFESSOR AN DER ECNU, SHANGHAI | WIRTSCHAFTSMEDIATOR
„Nachhaltigkeit und unternehmerische Verantwortung als integrale Bestandteile der strategischen Ausrichtung“
In Zeiten des Klimawandels und zunehmender Ressourcenverknappung ist Nachhaltigkeit von essenzieller Bedeutung für Unternehmen und ihre Geschäftsmodelle. Der politische und gesellschaftliche Anspruch, als Unternehmen Verantwortung zu übernehmen, wächst zunehmend. Guest Prof. Robert A. Sedlák, Chairman und CEO der systemischen Organisationsberatung S&P Consulting, schildert, warum es heute so wichtig ist, neben ökonomischen auch ökologische und soziale Aspekte in die strategische Arbeit einzubeziehen, und wie Unternehmen eine nachhaltige Unternehmensentwicklung am besten verwirklichen können.
Das Thema Nachhaltigkeit ist derzeit in aller Munde und erfährt sowohl gesellschaftlich als auch wirtschaftlich und politisch höchste Relevanz. Wie beurteilen Sie die aktuellen Entwicklungen?
Nachhaltigkeit meint nicht nur, die Umwelt bzw. das Klima zu schützen. Es geht dabei auch um soziale Gerechtigkeit, Kulturwandel, Integrität, Wirtschaftlichkeit, Lebensgestaltung und gesellschaftliches Engagement. Ob Klimawandel, Ressourcenknappheit oder die globale Zusammenarbeit – wir stehen aktuell vor großen Richtungsentscheidungen in Bezug auf Ökologie, Ökonomie und gesellschaftliche Fragestellungen. Organisationen bleiben davon nicht unberührt.
Viele der etablierten Kriterien, nach denen Organisationen jahrzehntelang erfolgreich Entscheidungen getroffen haben, sind inzwischen überholt: Mit dem sich verändernden gesellschaftlichen Bewusstsein, welches zunehmend ökologische und soziale Fragestellungen in den Mittelpunkt rückt, dem Wandel im Markt und den damit verbundenen Veränderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen verändern sich die Anforderungen an Organisationen und verlangen nach einem Umdenken zur Sicherstellung ihrer Zukunftsfähigkeit. Organisationen benötigen Antworten auf diese Veränderungen, die bei ihren relevanten Stakeholdern auch Akzeptanz finden müssen.
Das bedeutet nicht, dass Organisationen jedem kurzlebigen Trend nachjagen sollen. Es braucht jedoch kluge Beobachtungs- und Bewertungsroutinen und -kriterien, um relevante Veränderungen wie die aktuelle Notwendigkeit zu mehr Klimaschutz und gesellschaftlicher Gerechtigkeit frühzeitig antizipieren und daraus die für die Organisation richtigen Schlussfolgerungen ziehen zu können.
„Viele der etablierten Kriterien, nach denen Organisationen jahrzehntelang erfolgreich Entscheidungen getroffen haben, sind inzwischen überholt. Organisationen benötigen Antworten auf diese Veränderungen, die bei ihren relevanten Stakeholdern auch Akzeptanz finden müssen.“
Ihren Schilderungen zufolge geht es nicht nur um ökologische Veränderungen, sondern auch gesellschaftliche Aspekte spielen eine Rolle.
Ganz genau. Wenn sich ökonomisch, ökologisch, gesellschaftlich, kulturell und auch gesundheitlich Rahmenbedingungen verändern, dann hat das wesentliche Auswirkungen auf alle, die sich unter diesen bewegen. Wir befinden uns in einer sogenannten Transition-Phase, also einem umfassenden Wandel des sozio-technischen Systems, der durch aufeinander aufbauende und sich wechselseitig beeinflussende Veränderungen herbeigeführt wird. Klimawandel, Digitalisierung, demographischer Wandel, Ressourcenknappheit, Energiewende, wachsende soziale Ungleichheit und nicht zuletzt auch Pandemien – das Ineinandergreifen dieser Entwicklungen erzeugt Handlungsdruck und führt zu einer veränderten Weltanschauung in vielen Bereichen. Diese Entwicklungen sind vorausschauend zu erkennen und in die Strategiearbeit miteinzubeziehen. Unternehmen sind gefordert, sich zu entscheiden, wie sie sich ökologisch, gesellschaftlich und werteorientiert positionieren wollen – ein „Wegducken“ vor der Verantwortungsübernahme bleibt nicht ungestraft.
Europa hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu sein, Deutschland bereits 2045. Wie schätzen Sie die Auswirkungen dieser angestrebten Ziele im Kontext des von Ihnen genannten Transition-Prozesses ein?
Die Europäische Kommission hat sich mit dem im Dezember 2019 beschlossenen Green Deal ebenfalls ambitionierte Ziele im Klima- und Umweltschutz in der EU gesetzt, die sich maßgeblich auf die Wirtschaft auswirken.
Wir sind in einer Phase angelangt, in der Regierungen weltweit zunehmend anerkennen, dass die Klimaverpflichtungen von gestern heute konsequente Maßnahmen erfordern, und bereit sind, enorme Ressourcen in die Umsetzung zu investieren. Gleichzeitig nimmt das Umweltbewusstsein in der Bevölkerung zu: Der globale gesellschaftliche und politische Druck wächst.
An diesem Beispiel können wir die Interdepenzen der verschiedenen Meta-Ebenen im Transition-Prozess gut beobachten: Die gesellschaftlichen und ökologischen Rahmenbedingungen, die sogenannte Landscape-Ebene, die etablierten Strukturen, also die Regime-Ebene, und die Innovationen und Veränderungen, die in den sogenannten Nischen entstehen, wirken sich wechselseitig aufeinander aus. In der Beobachtung lässt sich häufig nur schwer sagen, worin der ursprüngliche Auslöser einer Transition begründet ist – das klassische Henne-Ei-Problem.
Die EU-Kommission und andere Regierungen haben nun begonnen, ihre Verpflichtungen im Rahmen des Green Deals umzusetzen, und somit weitere Veränderungen auf Regime-Ebene in Gang gesetzt, die sich auf die bestehenden Strukturen auswirken – diese gesetzlichen Maßnahmen werden ein Motor für Veränderungen sein. Nachhaltige Nischeninnovationen, die bisher nur kleine Märkte bedienen oder noch nicht vollständig ausgereift sind, können sich gesellschaftlich und wirtschaftlich zunehmend durchsetzen und werden etablierte Produkte, Prozesse, Technologien und Geschäftsmodelle ganz oder teilweise ablösen.
Die Bepreisung von CO₂ beispielsweise hat in den vergangenen Jahren vielerorts dazu geführt, dass der besonders klimaschädliche Kohlestrom unwirtschaftlich wurde und alternative Energiequellen und Technologien bevorzugt werden. Verändern sich Märkte und Regierungen, können Innovationen und nachhaltige Konzepte wie zum Beispiel Carsharing, wiederverwertbare Materialien und klimaneutrale Produktionsverfahren an Bedeutung gewinnen und den Transition-Prozess vorantreiben.
China ist für die Erreichung der globalen CO₂-Ziele bedeutsam. Wie schätzen Sie die politische Entscheidung zur CO₂-Neutralität bis 2060 ein?
Die Weltgemeinschaft ist bei der Realisierung der Ziele für nachhaltige Entwicklung an einem entscheidenden Punkt angelangt. Nachdem China die Aufforderung, sich am weltweiten Klimaschutz zu beteiligen, lange ignoriert hat, kündigte der chinesische Präsident Xi Jinping kürzlich an, zukünftig Investitionen in Kohlekraft im Ausland zu stoppen und Entwicklungsländer beim Ausbau von grünen Energien verstärkt zu unterstützen. China hat erkannt, dass es sich verändern muss, um die politische und gesellschaftliche Akzeptanz für chinesische Produkte auch in Zukunft in der Weltgemeinschaft zu erhalten bzw. auszubauen. Daneben wird das Land selbst massiv mit den Folgen der Erderwärmung zu kämpfen haben. Dass Chinas Ambitionen ernst genommen werden sollten, zeigen uns Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit: China ist der weltweit größte Absatzmarkt der Elektromobilität und verzeichnet einen deutlichen Zuwachs an erneuerbaren Energien, etwa in der Solar- und Windenergie.
Für den weltweiten Klimaschutz hat Chinas Entscheidung, bis 2060 die eigene Wirtschaft klimaneutral zu gestalten, enorme Bedeutung, denn der chinesische Staat gilt als der weltweit größte Verursacher von Treibhausgasen; Kohlestrom ist dort weiterhin die wichtigste Energiequelle. Um das selbst gesetzte Ziel zu erreichen, wird China in wenigen Jahren seine gesamte Energieversorgung reformieren und seine Wirtschaftsstruktur neu aufstellen müssen. Damit wird China die gesamte technologische Entwicklung und die Weltwirtschaft maßgeblich beeinflussen, da wir davon ausgehen können, dass die chinesische Regierung alles daransetzen wird, um die gesteckten Ziele auch zu erreichen.
„Chinas Weg zur Erreichung der Klimaneutralität wird die technologische Entwicklung und die gesamte Weltwirtschaft maßgeblich beeinflussen.“
Wie können Unternehmen eine nachhaltige Unternehmensentwicklung verwirklichen, um vorausschauend mit den stattfindenden Veränderungen umzugehen?
Wenn Unternehmen, die unter den heute noch gültigen Paradigmen erfolgreich sind, weiterhin die Augen vor diesen globalen Entwicklungen verschließen, kann es sein, dass sie gesetzlichen und gesellschaftlichen Erwartungen und Anforderungen nicht mehr gerecht werden – und der Gesellschaft damit keinen Nutzen mehr bieten und somit vom Markt verschwinden. Angesichts dieser entscheidenden Veränderungen ist es für Unternehmen essenziell, vorausschauend zu agieren und Regulierungen frühzeitig zu antizipieren.
Zentrale Fragen sind dabei: Welche Entwicklungen zeichnen sich in Bezug auf Weltanschauung, Ökonomie, Ökologie, Technologie, Gesellschaft, Kultur und Gesundheit ab? Wo sehen wir Potenziale für wesentliche, schwer vorhersehbare Veränderungen?
Nachhaltigkeit und unternehmerische Verantwortung in Bezug auf Ökologie und Gesellschaft sind also nicht mehr nur als imagebildende Maßnahme zu verstehen, sondern stellen die notwendige politische und gesellschaftliche Akzeptanz des Unternehmens in dessen relevanten Umwelten sicher. Auch die gesetzlichen Vorschriften werden zukünftig strengere Anforderungen an unternehmerische Verantwortung stellen. Sie wird somit zu einem integralen Bestandteil der strategischen Positionierung eines Unternehmens. Mit der von uns überarbeiteten „Strategy Map für nachhaltige Unternehmensentwicklung“ werden wir dieser Notwendigkeit gerecht und ermöglichen es unseren Mandanten ökologische und sozioökonomische Aspekte vorausschauend und direkt in ihre Strategiearbeit miteinzubeziehen.
Robert A. Sedlák ist Gründer und geschäftsführender Gesellschafter von S&P Consulting, Guest Professor an der ECNU und zertifizierter Wirtschaftsmediator.
Nach über über 35 Jahren Erfahrung in den Bereichen Strategie-, Organisations- und Personalentwicklung hat sich Robert Sedlák zu einem der renommiertesten systemischen Organisationsberater in Deutschland entwickelt. Er gilt als Experte für organisatorische Transformation im strategischen Kontext. Gemeinsam mit der ECNU, der East China Normal University in Shanghai, hat er das „ECNU-S&P Research Center for ICT-enabled systemic change and innovation“ gegründet.
Wir versetzen Sie in die Lage, einen nachhaltigen Strukturwandel einzuleiten und Ihre Organisation erfolgreich in der „Circular Economy“ zu positionieren und zur laufenden weiteren Selbsterneuerung zu befähigen.
Gern stellen wir Ihnen die weiterentwickelte Strategy Map in einem persönlichen Online-Dialog vor und erläutern Ihnen mögliche Anwendungsfelder sowie unsere Vorgehensweise in der Arbeit mit der Strategy Map zur nachhaltigen Unternehmensentwicklung.
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